Unternehmensstimmen aus Sachsen 2024-2025

Umweltprofis gehen auf Sendung

Der MDR startet im kommenden Schuljahr erstmals ein Schulprojekt im Rahmen der „Umweltprofis von morgen“. Das Nachhaltigkeitsmanagement des öffentlich-rechtlichen Rundfunks freut sich auf frische Ideen und einen regen Austausch mit den Schüler:innen – und sieht darin auch eine gute Gelegenheit, sein Engagement sichtbar zu machen, sowohl nach außen als auch innerhalb des Unternehmens.

Frau Jung, welche Aspekte von Nachhaltigkeit möchten Sie gemeinsam mit den Schüler:innen thematisieren?
Unsere Themenfelder im MDR sind sehr vielseitig – von Green Events über nachhaltige Medienproduktion und Betriebsmanagement bis zu Verbreitung und Green IT. Besonders in den letzten beiden Bereichen sehen wir großes Potenzial für gemeinsame Projekte. Wir möchten den Schülerinnen und Schülern zeigen, wie digitale Technologien ressourcenschonend eingesetzt werden können – sei es durch energieeffiziente Serverlösungen, nachhaltige Streaming-Konzepte oder die Optimierung unserer IT-Infrastruktur. Gleichzeitig wollen wir gemeinsam überlegen, wie sich Inhalte möglichst umweltfreundlich verbreiten lassen – also nicht nur, was wir senden, sondern auch wie.

Worauf freuen Sie sich im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Schüler:innen?
Gemeinsam mit ihnen kreative Ideen zu entwickeln, die sowohl technisch spannend als auch gesellschaftlich relevant sind. Und dass sie frische Perspektiven mitbringen, kritische Fragen stellen und uns herausfordern – denn das ist unglaublich wertvoll. Außerdem hoffen wir, durch diesen Austausch nicht nur die Akzeptanz in der jungen Generation zu stärken, sondern uns auch als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Was bewegt Sie dazu, an den „Umweltprofis von morgen“ teilzunehmen? Das Programm ist aus unserer Sicht pädagogisch sehr wertvoll, weil es Jugendlichen ermöglicht, konkret zu erleben, wie Nachhaltigkeit in Unternehmen umgesetzt wird. Es geht nicht nur um Theorie, sondern um echte Einblicke und Mitgestaltung. Besonders spannend finde ich die Projektideen der letzten Jahre – da steckt viel Kreativität und Engagement drin.

Wie haben Sie vom Programm „Umweltprofis von morgen“ erfahren? Ich bin über LinkedIn auf das Projekt aufmerksam geworden – der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. hat mich direkt kontaktiert. Die Idee hat mich sofort begeistert, weil sie genau das verbindet, was uns beim MDR wichtig ist: Nachhaltigkeit und gesellschaftliches Engagement. Ich habe dann unser MDR-Board Nachhaltigkeit ins Boot geholt und die Kolleginnen und Kollegen waren ebenfalls schnell überzeugt. Wir würden uns auch sehr freuen, wenn wir die Kooperation künftig auf Sachsen-Anhalt und Thüringen ausweiten könnten, falls das Programm dort ebenfalls startet. Das Potenzial ist auf jeden Fall da.

Anett Jung ist Nachhaltigkeitsbeauftragte des Mitteldeutschen Rundfunks und wird das Projekt für das Kooperationsunternehmen begleiten.

Firmen im Nachhaltigkeitscheck

Gemeinsam mit dem nachhaltigen Fondsanbieter Evergreen haben fünf Schüler andere Unternehmen dabei unterstützt, ihre Arbeitsprozesse nachhaltiger zu gestalten. Im Rahmen ihres Projekts für die „Umweltprofis von morgen“ programmierten sie dafür einen Fragebogen zu Nachhaltigkeitsthemen wie Mobilität, Energie, Materialbeschaffung, Versand und Finanzen und schlugen den evaluierten Firmen konkrete Verbesserungen vor.

Frau Mathias, in welchem Format hat die Evergreen GmbH mit den Schülern zusammengearbeitet?
Wir haben uns in regelmäßigen Abständen per Online-Konferenz getroffen – und die Schüler haben uns im Büro besucht, damit wir uns besser kennenlernen und sie mehr über unser Unternehmen erfahren. Während dieser Präsenztreffen haben diverse Kolleg:innen ihre Arbeitsbereiche vorgestellt und die vielen Fragen der Schüler beantwortet.

Welche Erfahrungen konnten Sie den Jugendlichen dabei mitgeben?
Aus meiner Perspektive werden die Eindrücke aus diesen Präsenztreffen am längsten nachhallen – die Erfahrung aus erster Hand, wie ein nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen funktioniert und was eine gute Unternehmenskultur ausmacht, der Austausch mit den Mitarbeitenden, insbesondere mit den jüngeren, und das Wissen zu verschiedenen Berufsfeldern, auch sehr spezialisierten wie UX/UI (User Interface Design für digitale Anwendungen, Anm. d. Red.). Außerdem denke ich, dass unsere Zusammenarbeit vermittelt hat, wie Projektmanagement in der Praxis funktioniert. Dazu gehört das Einhalten von Absprachen und Deadlines, die Kommunikation via E-Mail und ein realistisches Abschätzen, was machbar ist.

Und was konnten Sie ihnen in Bezug auf Nachhaltigkeit vermitteln? Zu Beginn des Projekts haben die Schüler recherchiert, in welchen Bereichen die evaluierten Firmen überhaupt einen Handlungsspielraum haben, um nachhaltiger zu wirtschaften. Die so gesammelten Ergebnisse wurden durch uns ergänzt. Dabei zeigte sich, wie stark sich gezielte Verhaltensänderungen auf Nachhaltigkeit auswirken. Viel davon lässt sich auf die eigenen Alltags-Aktivitäten übertragen, und die Jugendlichen können sich und ihr Umfeld nun bewusster hinterfragen.

Was ist Ihnen in der Projektarbeit mit den Jugendlichen besonders aufgefallen?
Ich war besonders beeindruckt ob der ausgefeilten Programmier-Kenntnisse, die die Schüler mitgebracht haben. Doch auch das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern sowie die bereits vorhandenen Projektmanagement-Skills haben mich positiv überrascht.

Was hatten Sie im Unternehmen von dem Austausch?
Der Austausch mit den Schülern hat uns daran erinnert, wie viele motivierte, aktive und clevere Jugendliche es da draußen gibt, die mit einem Problembewusstsein über den Klimawandel groß werden und die selbst Lösungsideen entwickeln wollen. Das macht Spaß und Hoffnung! Außerdem ist es immer hilfreich, die eigenen Produkte und Prozesse so erklären zu müssen, dass Menschen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen sie verstehen. Die Rückfragen der Schüler zu beantworten und mit ihnen die wichtigen Fragen unserer Zeit zu diskutieren, war ebenfalls interessant und inspirierend.

Würden Sie anderen Unternehmen empfehlen, sich an den „Umweltprofis von morgen“ zu beteiligen?
Ja – wir würden es jedem Unternehmen empfehlen, das der Zukunft zugewandt und offen für Austausch ist. Denn wer zuhört, kann von unseren „Umweltprofis von morgen“ eine Menge lernen. Und wem zugehört wird, der nimmt auch eine Menge an neuem Wissen auf.  

Hanna Mathias ist Corporate Social Responsibility Manager bei der Evergreen GmbH und hat das Projekt für das Kooperationsunternehmen begleitet.

Produktidee mit inneren Werten

Multifunktionale Würfel, gefüllt mit Recyclingstoff, haben Schüler:innen aus dem Vogtland bei ihrem Projekt im Rahmen der „Umweltprofis von morgen“ kreiert. Begleitet hat sie dabei die Textilausrüstung Pfand GmbH. Das Unternehmen aus der Nähe von Plauen verarbeitet und veredelt Stoffe aus der Region für Kund:innen aus ganz Deutschland. Ob für Rucksäcke oder einen Fesselballon, ob brandhemmend oder wasserabweisend, Nachhaltigkeit ist tief verflochten in ihrer mittelständischen Produktion.

Herr Erth, welchen Aspekt nachhaltigen Wirtschaftens haben Sie mit den Schüler:innen bearbeitet und in welchem Format?
Bei unserer Produktion fallen jährlich 40 bis 50 Tonnen Schnittabfälle aus Polyester an, die sich nicht vermeiden, aber recyceln lassen. Das machen wir bereits und lassen sie zu Textilfasern weiterverarbeiten – doch wir wollten wissen, ob die Jugendlichen noch andere Ideen haben. Zuerst habe ich die Gruppe in der Schule besucht und mit ihnen über das Projekt gesprochen, aber auch über die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Dann haben sich die Schülerinnen und Schüler einen Tag lang unser Werksgelände und unsere Produktionsschritte angesehen. Schließlich haben sie große, dekorative Kissenwürfel entworfen, die wir am Ende mit unserem Verschnitt gefüllt haben. Die Bezüge haben sie in der Schule selbst gestaltet sowie zugeschnitten und bei uns in der Fabrik dann genäht, mit unserer Unterstützung. Die fertigen Würfel stehen künftig als Raumtrenner und Schallschutz im Schulgebäude – und als Symbol, wie aus vormaligem Abfall ein Rohstoff für Neues werden kann.

Welche Erfahrungen konnten Sie den Jugendlichen dabei mitgeben?
Vor allem, dass auch ein herstellendes Unternehmen wie unseres nachhaltig arbeiten kann. Ja, wir brauchen viel Energie und nutzen Chemikalien, aber wir folgen auch hohen Umweltansprüchen, wir produzieren nach dem Ökotex-Standard, wir sind Mitglied der Umwelt- und Klimaallianz Sachsen, wir übernehmen Verantwortung für unsere Umgebung. Und statt um die halbe Welt zu verschiffen, sind wir stark in regionale Wertschöpfungsketten eingebunden. Außerdem konnten wir sie für den Recyclingansatz sensibilisieren: In diesem Ding steckt noch ein Wert, daraus kann ich etwas machen.

Was ist Ihnen in der Projektarbeit mit den Jugendlichen besonders aufgefallen?
Sie waren sehr interessiert und auch diszipliniert – das finde ich nicht selbstverständlich. Der Lehrer, der das Projekt begleitet hat, ließ ihnen viel Freiraum in der Umsetzung. Sie mussten beispielsweise selbständig den Kontakt zu uns halten und ihre Abschlusspräsentation vorbereiten. Das hat alles gut geklappt. Zudem hat mich beeindruckt, wie sie aus dem Nichts eine „Produktidee“ entwickelt haben. Der gemeinsame Weg dorthin war schon toll.

Was hat Sie dazu bewegt, an den „Umweltprofis von morgen“ teilzunehmen, und was hatten Sie im Unternehmen von dem Austausch? Wir suchen generell gerne den Dialog mit der regionalen Öffentlichkeit und fühlen uns der Jugend besonders verpflichtet. Das Programm verbindet beide Aspekte – und die Teilnahme hat uns darin bestätigt, dass man die Gelegenheit nutzen sollte, mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen.

Würden Sie anderen Unternehmen empfehlen, sich an den „Umweltprofis von morgen“ zu beteiligen?
Erstmal anders gefragt: Würden wir selbst wieder mitmachen? Ja, aber aus Kapazitätsgründen vielleicht erst im übernächsten Jahr. Würden wir es anderen empfehlen? Auf jeden Fall!  

Holger Erth ist geschäftsführender Gesellschafter der Textilausrüstung Pfand GmbH und hat das Projekt für das Kooperationsunternehmen begleitet.

Recycling mit sozialem Mehrwert

Gleich zwei Projekte sächsischer Schüler:innen hat die Stadtreinigung Leipzig im Rahmen der „Umweltprofis von morgen“ betreut. Eine Gruppe hat sich mit ihrer direkten Lebenswelt beschäftigt, ein Problem innerhalb ihrer Schule identifiziert und eine Antwort darauf entwickelt. Die andere wurde in der Stadtgesellschaft aktiv und arbeitete mit dem Leipziger Konzeptladen „Wiederschön“ zusammen.

Frau Laros, welchen Aspekt nachhaltigen Wirtschaftens hat die Stadtreinigung Leipzig mit den Schüler:innen bearbeitet und in welchem Format?
Die erste Gruppe hat ein Konzept entwickelt, wie Ressourcen gesammelt werden können, die sonst im Sperrmüll landen – Kleinstmöbel, Dekoartikel und andere Dinge –, um sie einer weiteren Nutzung zuzuführen. Die Jugendlichen hatten die Idee und den Anspruch, das gleichzeitig als Möglichkeit zu nutzen, Langzeitarbeitslosen wieder eine sinnstiftende Aufgabe und ein faires Arbeitsverhältnis zu verschaffen. Wie das umgesetzt werden könnte, haben wir dann in unseren Treffen erarbeitet. Vor allem Alena Gröhn, die Projektleiterin des Konzeptladens „Wiederschön“ der Stadtreinigung Leipzig, konnte dazu viele praktische Erfahrungen und Tipps weitergeben. Die zweite Gruppe hat sich das Ziel gesetzt, mehr Möglichkeiten zur Abfalltrennung auf den Fluren ihrer Schule zu schaffen, um herumliegendem Abfall und mangelndem Recycling entgegenzuwirken. Auch mit dieser Gruppe habe ich mich mehrfach getroffen. Die Jugendlichen haben ihre Ideen und Arbeitsfortschritte präsentiert, im Dialog haben wir Herausforderungen identifiziert und das weitere Vorgehen besprochen. Mit wie viel Sorgfalt und Akribie die Gruppe ihr Ziel verfolgt hat, hat mich sehr beeindruckt.

Welche Erfahrungen konnten Sie den Jugendlichen dabei mitgeben, auch in Bezug auf Nachhaltigkeit?
Ich denke, die Jugendlichen haben einen guten Einblick bekommen in die Abläufe eines kommunalen Eigenbetriebs und in die Komplexität der Kreislaufwirtschaft. Das dürfte ihren Blick für die eigene Umgebung geschärft haben. Und hoffentlich hat das Projekt die Motivation gestärkt, auch mit klein wirkenden Schritten etwas zu bewegen und zu verändern. Dafür braucht es manchmal Durchhaltevermögen – das ist den Jugendlichen in der Zusammenarbeit sicherlich klar geworden. Aber auch, dass sich der Einsatz lohnt.

Was hatten Sie im Unternehmen von dem Austausch?
Eine solche Zusammenarbeit ist natürlich auch eine Art Realitätscheck. Das Bildungsteam der Stadtreinigung ist in vielen Schulen im gesamten Stadtgebiet unterwegs und kommt da ins Gespräch. Eine längerfristige Zusammenarbeit wie diese, mit einer festen Gruppe, war für uns noch mal auf andere Art sehr hilfreich – der Austausch mit den Jugendlichen und ihre Perspektive zu bestimmten Problemlagen wird unsere künftige Arbeit bereichern. In der Gruppe „Mülltrennung an unserer Schule“ ist beispielsweise eine sehr pragmatische Lösung entstanden, die wir auch anderen Schulen vorschlagen können.

Würden Sie anderen Unternehmen empfehlen, sich an den „Umweltprofis von morgen“ zu beteiligen? Unbedingt! Es ist gute Gelegenheit, die eigenen Denkpfade zu verlassen und Herausforderungen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Susanne Laros ist Sachbearbeiterin Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung bei der Stadtreinigung Leipzig und hat das Projekt für das Kooperationsunternehmen begleitet.